Agile Transformation Canvas

Warum benötigen wir einen Agile Transformation Canvas?

Agile Transformation bedeutet, die Unternehmenskultur aktiv zu gestalten für ein kollaboratives, vertrauensvolles und motivierendes Umfeld. Das Ziel ist, die Kreativität und Lernbereitschaft der Menschen zu entfesseln, damit die Digitalisierung und der Wandel zur modernen Organisation aus eigener Kraft gelingen. Kurz gesagt: Die agile Transformation ist der Wandel zur modernen Organisation in kleinen Schritten.

Für die agile Transformation gibt es kein Erfolgsrezept, das kopiert und umgesetzt werden kann, denn jedes Unternehmen und jede Organisation ist einzigartig mit individueller Struktur und Kultur und Menschen. Menschen in den Mittelpunkt zu stellen ist das Motto vieler Strategien. Die wahre Herausforderung ist, die mitarbeiterzentrierte Strategie für mehr Partizipation, Kollaboration und Selbstbestimmung Schritt für Schritt umzusetzen. Das schrittweise Vorgehen hat gegenüber von ad-hoc eingesetzten Programmen den Vorteil, dass neue Denkweisen für agile Zusammenarbeit sich entwickeln können, statt sie einzufordern. Nicht alle Menschen können und wollen über ihren gewohnten Tellerrand springen und den Schalter von closed to open Mindset betätigen. Agilität muss sich entwickeln dürfen. Ein „Wir müssen, sonst… “ bewirkt nicht selten das Gegenteil der gewünschten Aufbruchstimmung: Unsicherheit, Verschlossenheit und Angst.

Der Agile Transformation Canvas ist ein Kommunikations- und Moderations-Tool, um ein kollaboratives, vertrauensvolles und motivierendes Umfeld zu schaffen. Dies gelingt, wenn Information, die bisher auf den höheren Ebenen unter Verschluss gehalten wurden, transparent kommuniziert und die Mitarbeiter in Entscheidungen mit einbezogen werden. Die Canvas richtet sich an alle Ebenen, um den Prozess der agilen Transformation für alle Führungskräfte und Mitarbeitenden begreifbar, nachvollziehbar und motivierender zu gestalten.

Im Gegensatz zur Business Model Canvas, auf der disruptive Geschäftsmodelle auf hypothetischer Basis entwickelt werden, liegt der Fokus der Agile Transformation Canvas auf dem Alignment der Business Cases und der Use Cases im Rahmen der unternehmensweiten Transformation. Die Idee ist, dass die Themenbereiche, zukünftigen Strukturen und Prozesse nicht vorgegeben sind, sondern dass sie als Business Cases beschrieben werden, mit entsprechenden strategischen, kulturellen, organisatorischen und technologischen Aspekten. Diese Vorgehensweise entspricht dem Verständnis für Agilität, anstatt ein agiles Standardmodell einfach zu adaptieren. Die Dimensionen und Fragestellungen der Agile Transformation Canvas können firmenspezifisch angepasst werden – dies ist auch im Hinblick der Maturität und dem Fortschritt der Transformation zweckmäßig.

Im Vergleich zu vielen Publikationen zum Thema verwenden wir den Begriff Agilität als: „Die Fähigkeit der Organisation, im digitalen Zeitalter flexibler, kundenorientierter, selbstorganisierter, innovativer und nachhaltiger zu agieren“. Die eingesetzten Methoden sind nur Mittel zum Zweck. Das agile Mindset, die agilen und digitalen Kompetenzen und Innovationen müssen Schritt für Schritt entwickelt werden. Hierfür steht das Format Use Case Innovation zur Verfügung, bei der die Teams lernen, experimentieren und passgenaue Anwendungsfälle entwickeln können.

Beispiel eines Agile Transformation Canvas

Agile Transformation Canvas

Die Canvas steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0) zur Verfügung. Link zu creativecommons.org

 

Die Dimensionen des Agile Transformation Canvas

Dimension: Purpose

Den größten Raum des Agile Transformation Canvas steht dem Purpose zur Verfügung. Der Purpose wird auf vier Perspektiven differenziert: Unternehmens-Ebene, Kunde-Ebene, Team-Ebene und die Business Agility auf der Produkt-/Prozess-Ebene. Wir sind überzeugt, dass ein agiles Mindset nicht ausreicht, sich Veränderungen zu stellen und die Transformation und die Digitalisierung des Unternehmens proaktiv zu unterstützen. Vielen Teams fehlt eine einheitliche Sichtweise und ein klares Verständnis eines gemeinsamen Purpose. Der Purpose ist die intrinsischen Antriebsfeder der Stakeholder, die sich fragen: WIIFM – What’s In It For Me – also was habe ich davon, wenn ich mich mehr engagiere? Dies ist keine egozentrische Frage, sondern den Verantwortungsbereichen der Stakeholder geschuldet – denn oft sind es parallele Aufgaben, die zu erledigen sind und zu denen man sich committet hat.

Das Verständnis des Purpose aller Stakeholder ist der Schlüssel zum Erfolg – über alle hierarchischen Ebenen hinweg. Wir von Agility Work sind nicht der Meinung, dass die bestehenden Hierarchien eleminiert werden müssen. Im Gegenteil: Gerade der Mittelstand ist geprägt durch flache Hierarchien und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Diese funktioniert bereits sehr gut und benötigt keine externen agilen Methodologien, wie z.B. Soziokratie, Holokratie und Humanokratie, die auch nur ein Blueprint reduzierter Architekturen und Artefakte darstellen und allenfalls unter Idealbedingungen funktionieren. Die agile Transformation von bestehenden Organisation mit eigener, ja verwurzelter Kultur, die bisher auch gut funktioniert hat, ist wesentlich komplizierter und komplexer und deren Schritte nicht planbar. Auch die Reduzierung auf agile Standard-Methoden (OKR, Scrum, Kanban) wird der Herausforderung einer agilen, ja nachhaltigen Transformation nicht gerecht. Aus diesem Grund ist die Agile Transformation Canvas auch nicht als All-in-One-Lösung zu verstehen, sondern als erweiterter Blickwinkel, den Status Quo, das Ziel der Transformation und den Weg dorthin zu verstehen und proaktiv mitzugestalten. Aus diesem gemeinsam entwickelten Verständnis ist es viel einfacher, verlässliche Commitments zur Zusammenarbeit zu treffen, ohne dass Einzelne ihre eigene Agenda verfolgen und damit die Idee der agilen Transformation untergraben.

Dimension: Agility Way

Der kulturelle Aspekt der agilen Transformation ist entscheidend. Im Vergleich zu Weltkonzernen haben mittelständische Unternehmen oft nicht die Ressourcen (oder den Anspruch) zur Kreierung, Dokumentation und interner PR einer eigenen Firmenphilosophie. In den verschiedenen Rollen als CEO, Führungskraft, Mitarbeiter, Kollege, Mentor und Coach bin ich absolut davon überzeugt, dass eine klare Policy, Governance und Prinzipien entscheidend für den Erfolg meiner ehemaligen Arbeitgeber, wie HP, GE und Rockwell Automation waren und immer sein werden. Prinzipien sind keine Vorschriften, sondern geben den Führungskräften und Mitarbeitenden eine firmenspezifische Orientierung für eigene Entscheidungen und Handlungen. Als erste Hilfestellung für die Erstellung eines eigenen „Agility Way“ in die digitale und agile Zukunft haben wir einige Fragen zur Kultur auf der Canvas gestellt, die selbstverständlich nur allgemeingültig sein können und im Rahmen einer agilen Transformation spezifiziert werden müssen. Sie geben aber einen ersten Eindruck, dass sich eine agile Kultur nicht auf Basis eines 10-Punkte-Manifestes eindampfen lässt – insbesondere, wenn es unternehmensweit gültig sein soll:

  • Was sind unsere Schlüsselwerte, Unternehmensmission und Kernelemente eines Agility Mindsets?
  • Wie erreichen wir Gewinn, einen sozialen Beitrag und Nachhaltigkeit?
  • Wie treffen wir Entscheidungen und wie fokussieren wir uns auf die richtigen Dinge?
  • Wie schaffen wir ein organisatorisches Umfeld für Motivation, Initiativen, Kreativität, Selbstorganisation und Innovation?

Dies sind sehr komplexe Fragestellungen, die sich nicht unmittelbar und mit langfristiger Gültigkeit beantworten lassen. Der oft zitierte und kopierte „HP-Way“ von Hewlett Packard – dem ersten Startup im Silicon Valley – ist sicherlich auch nicht in einem 2-tages-Workshop entstanden, sondern in einem iterativen Prozess auf Basis von Erfahrungen und einer klaren Vision, wohin der gemeinsame Weg führen soll: zu einer mitarbeiterzentrierten Zusammenarbeit, bei der die Menschen – nicht die Technik – im Mittelpunkt stehen, und intrinsisch motiviert sind, die Zukunft des Unternehmens mitzugestalten und ihnen auch dazu Gelegenheit gegeben wird. Hewlett und Packard haben keine Modelle wie Soziokratie, Holokratie und Humanokratie gebraucht, um eine sozial verantwortliche Unternehmenskultur zu entwickeln. Dass sich diese Kultur immer wieder neu justieren muss, liegt in der Natur der Evolution, der Marktbedingungen und der Unvollkommenheit der Menschen. Die Unvollkommenheit ist Teil der Einzigartigkeit. Es ist unserer gemeinsamer Purpose, die Zukunft der Unternehmen in die für sie richtige Richtung mitzugestalten.

Ergänzung des Artikels folgt.

 

Agile Transformation Canvas (ATC)

Ziel: um ein gemeinsames Verständnis dafür zu erlangen, was agile Transformation für Ihr Unternehmen und für die Menschen bedeutet. Mit der Agile Transformation Canvas öffnen Sie die Denkweise für eine 360-Grad-Perspektive, um den Purpose aller Stakeholder mit den Chancen der Business Agility und Digitalisierung  in Einklang zu bringen. Die ATC ermöglicht Win-Win-Entscheidungen zu treffen und die agilen Transformation zur Verbesserung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit proaktiv zu unterstützen.

Purpose

Beispiel aus der Kundenperspektive: Im B2B können Kaufentscheider nicht einfach nach Bauchgefühl oder aus Sympathie zum Verkäufer allein entscheiden – sie verantworten entweder die strategische, kaufmännische, technische oder Nutzer-Dimension. B2B-Kunden sind i.d.R. keine Einzelkämpfer, sondern Teamplayer im Rahmen eines Buying Centers, wenn es um strategische Kaufentscheidungen geht. Ohne dieses Verständnis der differenzierten Kundensichtweise ist es schwierig, zielführende und nachhaltige Entscheidungen für Produkt-Innovationen zu treffen. Entweder wird das Produkt in der Herstellung zu teuer, in der Anwendung zu kompliziert oder es passt nicht in das Gesamtkonzept des Kunden.